von Ole Hübner

Die Orgel von Schmidt & Thiemann Hannover in St. Christophorus ist zwar nur die zweitkleinste Kirchenorgel in Helmstedt (lediglich die Grefe-Orgel in St. Michaelis ist noch etwas kleiner), bietet aber für ihre Größe recht gute Möglichkeiten. Sie verfügt über zwei Manuale mit einem Umfang von jeweils viereinhalb Oktaven (das sind jeweils 56 Tasten), wovon das untere als Hauptwerk, das obere als Oberwerk gesehen werden. Die Bezeichnung liegt an den Registern, die auf den beiden Manualen jeweils zur Verfügung stehen und die mittels der mechanischen Registerzüge zugezogen und abgestoßen werden können: Auf dem Hauptwerk haben wir eine Hohlflöte 8‘ [acht Fuß], einen Prinzipal 4‘, eine Fugara 4‘, einen Prinzipal 2‘ und eine Mixtur 4fach. Die Fußzahlen geben das Verhältnis von der gedrückten Taste zum erklingenden Ton an: Drückt man etwa bei einem 8‘-Register ein c‘, so erklingt auch tatsächlich ein c‘; drückt man dieselbe Taste mit einem gezogenen 4‘-Register, erklingt ein c‘‘, also eine Oktave höher. Ein 2‘-Register klingt demzufolge zwei Oktaven höher. In St. Stephani verfügen wir sogar über ein 1‘-Register, das einen sehr klaren und funkelnden Glanz abgibt.

Die Hohlflöte ist ein Register, das über sehr weite Pfeifen verfügt, was einen sehr weichen Klang zur Folge hat. Man kann diese Flöte sehr gut alleine einsetzen, etwa für liturgische Gesänge wie das Agnus Dei oder auch „Meine Hoffnung und meine Freude“, das in St. Christophorus immer nach dem Abendmahl angestimmt wird.

Prinzipal ist die Bezeichnung für ein Register mit mittlerer Mensur, das heißt, dass die Pfeifen weder besonders schmal noch besonders weit sind. Es ist unter den Labialregistern (das sind Register, deren Töne entstehen, indem die Luft in der sogenannten Kernspalte der Pfeifen gebrochen werden – St. Christophorus verfügt nur über solche Register) meist das stärkste und klarste. Große Orgeln besitzen 8‘- und mitunter sogar 16‘-Prinzipale im Manual, in St. Christophorus wäre das allerdings räumlich nur schwer möglich. Wenn man die Hohlflöte 8‘ und den 4‘-Prinzipal kombiniert, kann man damit bei einer kleineren Gemeinde sehr gut ein Kirchenlied begleiten.

Die Fugara ist ein relativ schmales Register. Sie klingt sehr leise und zart, weshalb man sie verwendet, um den ebenfalls sehr leisen Klang der 8‘-Hohlflöte aufzufüllen. Zieht man gleichzeitig den 4‘-Prinzipal, ist die Fugara allerdings kaum zu hören.

Der 2‘-Prinzipal ist die erste Fortsetzung der Prinzipalreihe, die mit dem 4‘-Prinzipal beginnt. In Kombination mit einem 8‘ und einem 4‘ ergibt dieses Register einen sehr prägnanten, mitunter scharfen Klang.

Nun gibt es im Hauptwerk noch die Mixtur 4fach. Eine Mixtur ist eine Zusammenstellung von mehreren Pfeifen pro Taste, in diesem Fall vier. Sie besteht aus Überoktaven und Überquinten der jeweiligen Taste in Prinzipalbauweise und ergibt, daher die Bezeichnung „Klangkrone“, einen silbrig-glänzenden Klang, der etwa für die Praeludien von Johann Sebastian Bach sehr typisch ist. Wenn über einem Bach-Praeludium steht: „pro Organo pleno“ („für die volle Orgel / das volle Werk“), zieht der Organist aus jeder Registerlage das jeweils stärkste Register sowie die Mixtur – das wären hier: Hohlflöte 8‘, Prinzipal 4‘, Prinzipal 2‘ (dies kann aber auch gut weggelassen werden, an vielen Orgeln muss es sogar weggelassen werden, weil es oft leicht gegen die Mixtur verstimmt ist) sowie die Mixtur. Da es in St. Christophorus nur ein Manual gibt, auf dem man eine solche Zusammenstellung mit Klangkrone ziehen kann, ist dies das Hauptwerk. Hinzu kommt, dass man das Oberwerk mittels eines Fußtrittes, der sich rechts oberhalb des Pedals befindet, an das Hauptwerk ankoppeln kann, aber nicht umgekehrt. Das bedeutet, dass im Oberwerk im angekoppelten Zustand automatisch alles mitgespielt wird, was der Organist auf dem Hauptwerk spielt – sogar die Tasten bewegen sich mit.

Im Oberwerk haben wir ein Register weniger als im Hauptwerk, also vier. Diese sind ein Gedackt 8‘, eine Hohlflöte 4‘, eine Spitzflöte 2‘ sowie eine Sesquialtera 2fach. Für die Hohlflöte gilt dasselbe wie für diejenige im Hauptwerk, nur dass diese hier in 4‘-Lage gebaut ist, weshalb ich auf dieses Register gleich nicht mehr eingehen werde.

„Gedackt“ heißt auch oft „Gedeckt“ und bezieht sich auf eine Bauweise von Orgelpfeifen, bei der die Pfeife oben mit einem „Hut“ oder „Schuber“ verschlossen wird, wodurch sie nur halb so lang sein muss, um die gewünschte Tonhöhe zu bekommen, und außerdem bei entsprechender Mensur einen sehr weichen, warmen, dennoch sehr gut zeichnenden Klang erhält. Kombiniert man diesen Gedackten mit der Hohlflöte 4‘, lässt sich damit auch eine größere Gemeinde ziemlich gut begleiten.

Die Spitzflöte ist etwas weiter als der 2‘-Prinzipal und außerdem konisch, also nach obenhin spitz zulaufend gebaut, wodurch sie einen sehr hellen, aber nicht so prägnanten Klang besitzt.

Schließlich gibt es noch die Sesquialtera, die aus zwei verschiedenen Pfeifen pro Taste besteht: einer Oberterz und einer Oberquinte, zwei Tönen, die sich in die Obertonreihe einfügen, die jeder Ton besitzt. Zusammen mit dem 8‘-Gedackten ergibt sie eine sehr prägnante Solostimme, die man gut mit Hohlflöte und Fugara auf dem Hauptwerk begleiten kann.

Das Oberwerk verfügt über einen Tremulanten. Schaltet man diesen ein, drosselt und steigert er die Luftzufuhr in einer sehr hohen Frequenz, die man mittels eines Drehschalters feinregulieren kann. Dadurch vibriert der Ton ähnlich etwa den Streichern in einem Orchester und wird sehr bewegt und weich. Für Solostimmen eignet sich das ebenso wie für einen langsamen mehrstimmigen Satz.

Das Pedal hat einen Umfang von zweieinhalb Oktaven, das entspricht 30 Pedaltasten. Es sieht aus wie eine große Klaviatur mit Unter- und Obertasten, wobei eine Taste etwa 4 Zentimeter breit ist und die äußeren Tasten ganz leicht angehoben sind, damit man sie besser erreicht. Das Pedal wird mit Orgelschuhen oder ganz ohne Schuhe gespielt und hat mitunter sehr virtuose Aufgaben, die mit vier möglichen Positionen erledigt werden: Spitze-links, Ferse-links, Spitze-rechts, Ferse-rechts. Das Pedal hat meist seine Funktion als Bassstimme, weshalb sich die tiefsten Register einer Orgel im Pedal finden. St. Christophorus besitzt zwei Pedalregister sowie Pedalkoppeln zu beiden Manualen, sodass eine klangliche Verbindung zu den Manualstimmen hergestellt werden kann und die Manualregister die Pedalstimme ebenfalls verstärken. Wir haben hier einen Subbaß 16‘ und einen Prinzipal 8‘. Der Subbaß ist ein sehr weiches Register, das aus Holz und in gedackter Bauweise gemacht wird und eine Oktave tiefer klingt als angeschlagen. Er verfügt über eine sehr voluminöse Tiefe und kann daher im Bass sehr kraftvoll und stark wirken, obwohl er alleine ziemlich leise ist. Wie an vielen Orgeln hat auch in St. Christophorus der Subbaß einen Ton, der das gesamte Orgelgehäuse in Schwingung versetzen und zum Klappern bringen kann, nämlich das D0, klingend als D1 – eine Frequenz von etwa 37 Hertz.

An einer Orgel darf auch ein Thermometer keinesfalls fehlen (in St. Christophorus hängt es direkt neben dem An- und Ausschalter für den Motor), weil schon kleinste Temperaturschwankungen die Pfeifen verstimmen können – bei steigenden Temperaturen werden die Pfeifen tiefer, bei fallenden Temperaturen höher. Glücklicherweise hat die Kirche das Jahr über eine relativ beständige Temperatur, weshalb die Orgel nicht allzu oft nachgestimmt werden muss.

Kleine Einführung in die Orgel von St. Christophorus